Dienstag, 4. Juni 2013

Million Dollar Baby


Fußball: US-Fußballer Freddy Adu: „Ich war ein Werbeartikel, kein Fußballer.“


Quelle: www.foxsports.com
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Mit 14 Jahren stieg Freddy Adu (23) zum Millionär und Hoffnungsträger des US-Amerikanischen Fußballs auf. Doch den riesigen Erwartungen wurde der einstige Wunderknabe nie gerecht. In einem Radiointerview mit BBC hat sich Adu nun ausführlich zu seiner Vergangenheit geäußert - selbstkritisch und abrechnend zugleich.


Ibrahim Naber


Die Verlockung des schnellen Geldes, der Neid seiner Mitspieler und die überhöhten Erwartungen einer ganzen Fußballnation: In einem äußerst bemerkenswerten Radiointerview mit der englischen BBC hat Freddy Adu tiefe Einblicke in die Anfänge seiner Karriere gegeben. Er blickt zurück auf seinen Millionen-Deal mit Nike und stemmt sich weiterhin verzweifelt gegen das Makel des ewigen Talents. Doch das Schicksal des einst als „Retter des Amerikanischen Fußballs“ gefeierten Wunderkindes wirft grundsätzlich die Frage auf, was man einem Kind in der Männerwelt Fußball zumuten kann und wer dafür die Verantwortung trägt.

Das Mysterium um das Wunderkind aus Ghana

USA, 2004. In einer Zeit, in der der gesamte amerikanische Fußball sich nach einem Aushängeschild sehnte, war in den Medien plötzlich von einem amerikanischen Wunderknaben die Rede, der angeblich unfassbare Dinge mit dem Ball anstellen konnte. Außergewöhnlich schnell und athletisch sei dieser Freddy Adu für sein Alter. Schnell kamen Zweifel an seinem wahren Alter auf. Forscher hielten in Adus Heimatland Ghana, das er zusammen mit seiner Mutter aufgrund einer im Lotto gewonnen Green Card im Alter von acht Jahren Richtung Amerika verlassen hatte, nach Indizien eines möglichen Fehlers im Geburtsdatum Ausschau. Doch sie fanden nichts. So unterschrieb Adu 2004, mit gerade einmal 14 Jahren, seinen ersten Profivertrag beim MLS-Team D.C. United.

„Wenn Nike Millionen bietet, kannst du nicht ‚Nein’ sagen“.

Kurz darauf schaltete sich Sportartikelhersteller Nike ein. Um jeden Preis wollte der US-Konzern den als „the next Pelé“ gepriesenen Knaben an sich binden. Mit Erfolg. Adu stieg mit einer Unterschrift zum Millionär auf. Er gibt rückblickend zu: „Wenn Nike auf dich zukommt und dir einen Million-Dollar-Vertrag anbietet, kannst du einfach nicht Nein sagen. Unmöglich.“ Die Existenzsorgen seiner Mutter, die Adu und dessen Bruder zuvor durch mehrere Jobs gerade so über Wasser gehalten hatte, waren mit einem Mal passé. Kann man der Frau wirklich ernsthaft verdenken, dass sie dem Kontrakt ihres Sohnes mit Nike zustimmte? „Ich war“, erinnert sich Adu mit Stolz in der Stimme, „plötzlich in der Lage für meine Familie zu sorgen und ich bin froh, dass ich es gemacht habe.“

Die Erwartungen stiegen daraufhin ins Unermessliche. Der Hype um Adu kannte keine Grenzen. Jede Bewegung von ihm auf und neben dem Platz wurde analysiert. Er gab hunderte Interviews, drehte zahlreiche Werbespots und sagte einfach „zu allem Ja, was von mir gefordert wurde.“ Und weiter: „Ich habe versucht, alle zufrieden zu stellen. Aber das geht nicht. Ich bin demütig geworden, was das angeht.“

Erfolglose Odyssee durch Europa

Adu ist sich heute sicher, dass ihm der Rummel viel vom eigentlichen Sport weggenommen habe. Er sagt zurückblickend: „ Ich war einfach sehr naiv damals. Für die Leute war ich mehr ein Werbeartikel, kein Fußballer. Und eigentlich wollte ich doch nur das sein…“

Der Rummel um seine Person hatte viele Schattenseiten. Einige Mitspieler hätten ihm die Aufmerksamkeit und das Geld damals missgönnt: „Ihr Gesichtsausdruck alleine hat jedes Mal gezeigt, dass sie dich nicht leiden können. Sie haben auf dem Spielfeld jede Gelegenheit genutzt, um mich anzubrüllen“, erzählt Adu.

So viel Druck in so jungen Jahren – war Adu nicht von Beginn an zum Scheitern verurteilt? Als er in seiner ersten Profisaison mit 14 Jahren fünf Tore in 30 Spielen schoss, sprachen alle von einer missratenen Saison. Für Adu langte es nicht durchschnittlich zu sein, er sollte herausragen. In jedem Spiel. Doch das tat er bei Weitem nicht. Auch bei seinen vielen Versuchen ab 2007 in Europa nicht. Portugal, Frankreich, Griechenland und die Türkei. In keinem Land auf seiner Europa-Reise konnte Adu restlos überzeugen. Es heißt, letztlich hätten ihn sogar Zweitligisten nicht haben wollen.

Mittlerweile spielt Adu auf Leihbasis in Brasilien

Es war ausgerechnet ein Spiel gegen den Fußballzwerg Panama, das im US-Fußball Ende Juni 2011 noch einmal neue Hoffnungen weckte. Freddy Adu, nach 65 Minuten beim Stand von 0:0 ins Spiel gekommen, hatte die US-Fans in nur 25 Minuten restlos verzückt. Mit Tempodribblings über die rechte Außenbahn, feinen Kabinettstückchen auf engstem Raum und einem genialen 30 Meter-Pass, der das goldene 1:0-Siegtor einleitete. Genauso hatten sie sich ihr einstigstes Wunderkind immer vorgestellt. „Genius!“, jubelten die US-Kommentatoren überschwänglich, die Amerikaner fragten sich: War das der Durchbruch? Kann es der Junge also doch?

Bisher wurden sie enttäuscht. Keine einzige Sekunde hat Adu seit Juni 2011 mehr für die USA gespielt. Und das, obwohl er auf Rat von US-Trainer Jürgen Klinsmann zunächst wieder in die heimische MLS zu Philadelphia wechselte. Auf Leihbasis spielt Adu derzeit für Bahia in Brasilien. Ende 2013 will er es noch einmal in Europa versuchen. Es ist seine wohl letzte Chance auf der großen Fußball-Bühne. Adu weiß das. Er kämpft gegen das Exempel einer weiteren hoffnungsvollen Fußball-Karriere, die in die Brüche geht. Doch konnte er diesen Kampf überhaupt jemals gewinnen?


„Die Leute sollen mich einmal als großen Fußballer ansehen“.


Wie ihn die Leute am Ende seiner Karriere einmal in Erinnerung haben sollen, fragt BBC-Moderator Mathhew Nelson am Ende des Gesprächs. Ein Seufzer, dann antwortet Freddy Adu: „Ich will nicht, dass Leute mich als das 14-Jährige Wunderkind in Erinnerung halten. Sie sollen mich als einen großen Fußballer ansehen. Ich werde mir dafür von nun an den Arsch aufreißen.“ Es scheint, als sei Freddy Adu zumindest erwachsen geworden.
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Das BBC-Radio Interview mit Freddy Adu ist leider nicht mehr online anzuhören. Dafür hier ein aktuelles TV-Interview mit Adu aus Brasilien:

http://m.bbc.co.uk/sport/football/22208072

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